Neue Adresse Next Post

Leider hat das diesmal mit dem schönen 2-Wochen Rhythmus nicht ganz geklappt, was natürlich daran liegt, dass hier unglaublich viel passiert ist ;-)
Und damit das Lesen nicht zu anstrengend wird, bekommt ihr die letzten 3 Wochen jetzt in kleinen thematischen Häppchen serviert:

pic_0096-klein.JPG

Argentinisches Rindfleisch & Deutsches Kasseler

Das Wichtigste in der ersten Woche war wahrscheinlich das Essen – davon gab’s nämlich viel, ausreichend und sehr unterschiedliches. Zuerst lud der Chef das deutsche Experimental-Jazz Trio Nubox und uns in ein spanisches Restaurant ein, in dem ich endlich mal wieder leckere Tortilla und Serrano Schinken essen konnte.

Während der „Noche del museos“ am nächsten Tag gab’s dann auch nicht nur viele Museen zu bestaunen, viel unterschiedliche Musik zu hören, sondern auch viel, viel argentinisches Fleisch zu essen und zwar in Sandwich-Form. Angefangen um 19 Uhr abends mit einer Art Steak im Brötchen im ersten Museum, dann kurz nach Mitternacht auf dem Weg zum Abschluss Open-Air Konzert am Hafen ein zweites Sandwich in einer der zahlreichen Grillbuden und zum Abschluss der Nacht um ca 5 Uhr morgens ein Drittes an der Tankstelle um die Ecke ;-) Ansonsten mussten wir in dieser Nacht erfahren, dass Alkohol-trinken auf öffentlichen Plätzen verboten ist, weshalb es für uns während des ganzen Konzertes (falls jemand sie kennt, es spielten unter anderem „La bomba del tiempo“ und Kevin Johansen) keinen Tropfen gab. Wohl das erste Mal in meinem Leben, dass ich um ca. 6 Uhr morgens das erste und auch letzte Bier des Abends getrunken hab ;-)
Nachdem Charly und ich gegen 7 Uhr ins Bett fielen, gab’s dann am nächsten Tag ein ausgiebiges und sehr deutsches Sonntagsfrühstück mit allem drum und dran zur sehr argentinischen Zeit, nämlich gegen 4 Uhr nachmittags :-)
Zutaten dafür hatte ich in einem großen Supermarkt gekauft, der gerade eine deutsche Woche hatte. Da gab’s dann auch so leckere Sachen wie Sauerkraut, Kasseler und deutsches Bier ( wenn auch natürlich kein Kölsch :-( ), weshalb ich direkt die Gelegenheit wahrnahm, meine argentinischen Mitbewohner zu einem deutschen Essen einzuladen. Das Essen war dann auch das einzig Deutsche an dem Abend, weil es erstmal eine Stunde später begann und dann auch nur mit meiner Mitbewohnerin Marianna, weil Gabriel dann erst so gegen halb zwölf Uhr nachts kam, da ist nämlich hier normal Essenszeit ;-) Geschmeckt hat’s aber trotzdem allen, auch wenn ich leider weder Quark noch Kirschen im Glas auftreiben konnte (Quark scheint es hier wirklich nicht zu geben!) und es zum Nachtisch dann ganz argentinische „Dulce de Leche“ gab. Das ist so ne Art Karamell-Creme, die die Leute hier wie bei uns Nutella sogar pur aus dem Glas essen und die es in jeglicher Form zu kaufen gibt. Zum Beispiel auch auf den super leckeren Mini-croissants, Media Lunas (Halb Monde) genannt, die hier bei keiner Tasse Kaffee fehlen dürfen. Gegen Ende der Woche gab’s dann nochmal massenweise Fleisch, da ich endlich das erste Mal Parilla Essen gegangen bin. Das ist jede Menge Rindfleisch, das direkt und normalerweise ohne jegliche Beilage vom Grill serviert wird, weshalb man auch von „Asado“ spricht (Gegrilltes). Sehr sehr lecker, aber auch sehr sehr viel – wer mag, kann sich die Fotos dazu in der Gallerie anschauen!
Die Arbeitswoche war dann angenehm ruhig, da pünktlich Montags das Internet im ganzen Institut verschwand und die ganze Woche nicht mehr auftauchte ;-) Die in Deutschland bestellten Ersatzfestplatten, mit deren Ausfall die ganze Sache wohl zu tun hatte, wurden dann prompt aus versehen erstmal nach Äthiopien geschickt, und im Goethe stellte sich die Zeit um ca. 20 Jahre zurück ;-) Das totale Chaos kehrte ein, und die einzig Relaxte war die argentinische Leiterin der Kulturabteilung, die einfach gar nicht mehr zur Arbeit kam und allen Deutschen empfahl, sich doch nicht so aufzuregen – da sind sie wieder, die interkulturellen Differenzen ;-)

 

pict2933-klein.JPG

CÓRDOBA & ALTA GRACIA
Die über 700 Kilometer Entfernung zwischen Buenos Aires und Córdoba sprechen in diesem Land keineswegs gegen einen kleinen Wochenendausflug mitten ins Herz Argentiniens, zumal, wenn das Wochenende auch noch durch einen Feiertag verlängert wird, dem sogenannten „Día de la raza“ (Tag der Rasse), gemeint ist die Entdeckung Amerikas durch Kolumbus. Als ich mich mit einem Taxifahrer darüber unterhielt, dass in Deutschland der Begriff „Rasse“ nicht mehr gerne benutzt wird, guckte er mich ganz verständnislos an und meinte dann wortwörtlich, dass ja nicht alles GUT gewesen wäre, was Hitler so gemacht hätte, aber das mit den Juden, das wäre doch mal gut gewesen, denn die seien eh das rassistischste Volk überhaupt.. Dazu hatte ich dann wirklich nichts mehr zu sagen..
Naja, auf dem Foto hier kann man auf jeden Fall sehen, wie manch einer hier Kolumbus Entdeckung noch so einschätzt:

pic_0134-klein.JPG

Es ging also auf nach Córdoba und zwar mit dem Bus auf die „Semi-Cama“ Art, d.h. Halbbett und bedeutet, dass die Sitze recht gemütlich sind und man wahrscheinlich auch ganz ordentlich hätte schlafen können, wenn der Busfahrer nicht Spaß daran gehabt hätte, erstmal die Heizung voll aufzudrehen, um sie dann mitten in der Nacht komplett abzuschalten, dafür aber die Klimaanlage auf Hochtouren laufen zu lassen. Mit dem Ergebnis, dass ich erstmal krank in Córdoba ankam. Dort wurden wir aber von dem herrlichsten Sommerwetter begrüßt, und ich konnte trotzdem den ersten Tag in dieser wunderschönen und sehr viel ruhigeren Stadt genießen. (s. Fotos in der Galerie).

Leider wurde die Erkältung dann aber schlimmer, und wir entschieden uns dagegen, am Sonntag ins deutsche Dorf Villa General Belgrano zu fahren, wo gerade das deutsche Oktoberfest stattfand. Zum Glück war ich dann wieder Montags halbwegs fit, um mich mit Kathi auf nach Alta Gracia zu machen, einem kleine Örtchen mitten in der Sierra und Wohnort des kleinen Che Guevaras, wohin seine Eltern auf Grund seines Asthmas mit ihm hingezogen waren. Das Örtchen und seine Lage mitten in den grünen Bergen war traumhaft und ich konnte endlich wieder mal frische Luft schnappen:

pict2970-klein.JPG


Die Fahrt von Córdoba aus in einem kleinen ca. 20 Personen Bus kann wohl am Ehesten als abenteuerlich beschrieben werden. Der Busfahrer fuhr auch bei strömenden Regen kein Stück langsamer, hörte dazu noch auf seinen Kopfhörern Musik und hatte kein Problem damit, auf der Gegenfahrbahn Autos zu überholen, weshalb Kathi neben mir erstmal tausend Tode gestorben ist. Dafür kostete die Fahrt von ca. einer Stunde dann auch unter einen Euro, was einfach unglaublich ist.. Die 10 Stunden Busfahrt nach Córdoba kostete übrigens auch nur 20 Euro die Strecke – im Bus reist es sich wirklich am Günstigsten hier, und wenn man dann noch 5-10 Euro pro Strecke mehr ausgibt, kann man auch ganz luxeriös mit dem Suite Bus fahren, da hat man dann richtige Betten und Service wie im Flugzeug ;-)

Obwohl die Fahrt zurück nach Buenos Aires dann ziemlich anstrengend war, weil ich erstens noch krank war, zweitens unter der Notbeleuchtung schlief und mein Sitznachbar hinter mir sein Handy vergessen hatte auszuschalten, was dann gefühlte 5 Stunden lang ständig klingelte, war es insgesamt ein wunderschönes Wochenende und mein erstes und definitv nicht letztes außerhalb von Buenos Aires ;-)

Bitomsky & die Toten
Zurück in Buenos Aires war der deutsche Doku-Filmer Hartmut Bitomsky bereits eingetroffen und kämpfte sich durch seine ersten Interviews bis zur abendlichen Diskussionsrunde mit Filmstudenten, die meine Chefin dann übersetzte. Davon abgesehen, dass Bitomsky auf jede Frage ca. 20 Minuten antwortete und es dementsprechend mehr eine Vorlesung als eine Diskussionsrunde war, war es super interessant, besonders für mich als Filmstudentin. Danach gingen wir dann in eins der feinsten italienischen Restaurants, die ich je gesehen hab essen – diesmal auf Einladung des Seminarleiters und nicht des Goethes :-)
(Da die Mehrzahl der Einwanderer Italiener waren, ist nicht nur die Sprache sondern auch das Essen der Argentinier sehr italienisch geprägt)
Dann folgten gleichzeitig die Eröffnungen des DocBsAs (Dokumentarfilmfestivals), auf dem die Retrospektive von Bitomsky laufen sollte, und die von DIVERSA, des Festivals für Homosexuelle und Transsexuelle, auf dem auch drei deutsche Filme zu sehen waren, unter anderem z.B. Praunheims „Dein Herz in meinem Hirn“ über den sogenannten Kannibalen von Rothenburg, von dem ich leider nicht weiß, wie er beim argentinischen Publikum hier angekommen ist. Die Woche war also voll mit Bitomsky-Betreuung und Filme sehen, was nicht ganz unanstrengend war und mich das ein oder andere Mal sogar im Kino einschlafen ließ.. Habe dann aber auch endlich meinen ersten argentinischen Film gesehen und zwar „De quién es el Portaligas“ (Wem gehört das Strumpfband?) von Fito Páez, der sehr dem Stile Almodovars entsprach und den ich jedem empfehlen kann – Kinoeintrittspreise variieren übrigens zwischen 2,50 Pesos für Studenten und 4-5 Pesos Normalpreis. Zur Erinnerung: momentan ist 1 Pesos = ca. 0.20 Euro – wirklich schade, dass ich bei den Preisen so wenig Zeit hab, ins Kino zu gehen ;-) Am Samstag gab’s dann eine kleine Bustour vom Goethe über die deutsche Architektur in Buenos Aires, die an jeder Ecke zu finden ist.

pict2975-klein.JPG

Bus mal wieder total klimatisiert und Nike holt sich natürlich gleich auch noch ne Blasenentzündung.. Am Abend waren wir dann trotzdem noch wunderschön Indisch-Essen und danach in einer sehr chilligen Terrassen-Bar in Palermo-Hollywood Cocktails trinken, bis mich die Antibiotika-Einnahme ab Sonntag dann erst mal ca. eine Woche recht Alkohol-frei leben ließ :-( Antibiotika bekommt man hier übrigens gänzlich ohne jedes Rezept, was mir immerhin den zeitaufwendigen Gang ins deutsche Hospital dieses Mal ersparte. In die Apotheke kann man übrigens auch zu jeder Zeit, weil die 24 Stunden am Tag geöffnet haben.
Zuende ging die Woche dann mit einem wunderschönen Sommertag im Viertel Recoleta und dem Besuch des Friedhofes der Reichen & Schönen. Unter anderem natürlich auch von Evitas Grab (s. Foto-Gallerie).

pict3093-klein.JPG

Buenos Aires von Oben & die Wahlen
Die Woche begann mit einer Essenseinladung vom „Subjefe“, also dem stellvertretenden Chef des Instituts, der uns Praktikanten alle zu sich in sein Apartment im 23. Stockwerk in Palermo zum Essen einlud. Nachdem wir die 4-5 Sicherheitsleute am Eingang durch unsere Einladung überzeugen konnten, uns endlich in das Gebäude hereinzulassen, konnten wir ein Essen genießen, für das zumindest ich ca. 4-6 Stunden in der Küche gestanden hätte und hatten zudem einen wunderschönen Blick auf das nächtliche Buenos Aires (s. Fotos).
Zum Abschluss gab’s dann noch jede Menge Schnaps (keinen Schnaps, den er nicht da gehabt hätte) in witzigen ausgefallenen Schnapsgläsern und interessante Gespräche über interkulturelle Differenzen zwischen Argentiniern und Deutschen.

pict3159-klein.JPG


Am nächsten Abend lernte ich dann den Bruder von Marianna kennen, der zu Besuch war, und es wurden wie immer Empanadas bestellt - die ersten beschrifteten Empanadas, die ich je gegessen hab (der Inhalt war durch 1-2 eingestampfte Buchstaben auf jeder einzelnen Empanada gekennzeichnet ;-) )
Da seit ca. 2 Wochen endlich der sommerliche Frühling Einzug gehalten hat, konnten wir unsere Mittagspausen auch oft mit Salat oder Sandwich am Puerto Madero direkt am Fluss verbringen, was ein bisschen wie Urlaub während der Arbeitszeit ist und mir immerhin eine wunderschön gesunde Gesichtsfarbe bescherte ;-) Leider kamen mit den sommerlichen Frühlingstemperaturen auch die Mücken in die Stadt, und ich hab irgendwann aufgehört, die unzähligen Mückenstiche zu zählen. Mal wieder sehr argentinisch, dass schon am ersten Mücken-Tag in allen von mir aufgesuchten Farmacías das Mückenschutzspray komplett ausverkauft war.. Mittlerweile konnte ich eins auftreiben, bezweifle aber momentan seine Wirkung.. Ansonsten hatte ich letzte Woche dann noch einmal komplett Spanisch-Einzelunterricht, weil die andere Studentin nicht kam und bin momentan davon überzeugt, das blöde Diplom nicht zu schaffen, wenn ich nicht ab heute täglich ein paar Stunden lerne.. mal schauen, wies klappt, die Prüfungen sind schon in zwei Wochen.. :-(

Am Samstag ging’s dann mit einer zweiten Geothe-Tour nach La Plata der Provinzhauptstadt, wo wir die dem Kölner Dom nachempfundene Kathedrale bestaunen konnten und auch hier wieder einiges an deutscher Architektur zu finden war. Nur das bei uns wohl niemals ein Hochhaus gebaut werden dürfte, dass den Blick auf den Dom so dermaßen verdeckt :-)

pict3206-klein.JPG

Abends zurück in Buenos Aires schafften wir es, um kurz nach acht noch Bier und Wein an einem Kiosk zu kaufen, weil hier am Tag vor den Präsidentschaftswahlen eigentlich ab 20 Uhr kein Alkohol mehr verkauft werden und ab 00 Uhr auch in den Bars keiner mehr ausgeschenkt werden darf. Also schnell vorher noch mit unserem Kollegen Martin, dem Verwaltungsleiter vom Goethe in die schöne Terrassen-Bar und lecker gegessen und Cocktails getrunken bis 00 Uhr. Danach schnell Wein und Bier bei Charlotte abgeholt und auf irgendeine Privat-Party in Palermo, die wie so oft eine Verkleidungsparty und alles in allem zwar recht amüsant, aber auch ziemlich langweilig war. Mitte November feiert mein Mitbewohner Gabriel übrigens seinen 30. Geburtstag und natürlich auch er mit einer Verkleidungsparty unter dem Motto „Fiesta del Dark“ (hier ist das englische Wort dunkel gemeint, weshalb es sich hier wahrscheinlich um eine Gothic/Medieval-Party handeln wird.. Nur Schade, dass all meine Sachen von früher in Deutschland im Schrank hängen.. ;-)
Den Wahl-Sonntag verbrachte ich dann überwiegend mit einem Riesenkater und den beiden Katzen zu Hause und verfolgte die unglaublichen Wahlzustände hier vorm Fernseher. Wie vorher schon klar war, gewann Christina Fernandez de Kirchner, die Frau vom vorherigen Präsidenten die Wahl, obwohl keiner, mit dem ich gesprochen hab, sie gewählt hatte.. Oft mussten die Leute Stunden darauf warten, die Wahlzettel von den anderen Kandidaten zu bekommen, weil die einfach aus den Kabinen rausgeklaut wurden waren, nur die von Christina waren natürlich immer da.. Wohl die erste Wahl, die ich erlebe, bei der es drei Tote auf Grund der langen Wartezeiten im Land gab..

Reisepläne
Da nun für mich schon Halbzeit hier in Argentinien ist und auf Grund des Praktikums ja leider fast nur die Wochenenden zum Reisen bleiben, sind die nun ordentlich durchgeplant worden. Sollte alles klappen, werde ich im November noch nach Tigre ans Fluss-Delta des Rio de la Plata fahren, zum Día de la Tradición, dem Gaucho-Tag, nach San Antonio de Areco und für drei Tage nach Uruguay nach Montevideo und Colonia del Sacramento.
Anfang Dezember geht’s dann auf nach Rosario und falls alles klappt mit Charly Mitte Dezember für ca. eine Woche nach Chile (Santiago, Valparaíso, Viña del Mar) und zurück über Mendoza mit einem Abstecher in das Valle de la luna (Mondtal) und die Talampaya-Schlucht. Dann kommt auch schon mein Schwesterherz mit Nadja und Polli zu Besuch, und wir machen uns auf zu den „Cataratas del Iguazú“, den Riesen Wasserfällen an der Grenze Argentinien-Brasilien-Paraguay. Für Patagonien bleibt leider einfach keine Zeit mehr, aber ich garantiere Euch, dass ich ganz sicher nicht das letzte Mal auf diesem Kontinent gewesen bin ;-)

Ein Kommentar hinterlassen

Du musst eingeloggt sein um ein Kommentar zu verfassen.